Wenn uns die Geschichte eines gelehrt hat, dann dass kein Übel ewig währt. Das wusste sogar schon der griechische Philosoph Epikur vor 2.300 Jahren. Seither gab es zahlreiche Krisen wie beispielsweise Kriege, Anschläge, Naturkatastrophen, Wirtschaftskrisen, die Banken- und Flüchtlingskrise sowie Pandemien. Nicht selten geht es um Leben und Tod oder die wirtschaftliche Existenz. So unterschiedlich diese Krisen und ihre Auswirkungen auch waren, eint sie die Tatsache, dass jede dieser Krise einen Anfang, ein Ende und einen Teil dazwischen hatte. Auch wenn ein Ende der aktuellen Corona-Krise noch nicht abzusehen ist, können wir uns sicher sein, dass es eins geben wird. Bis dahin gilt es das Schiff irgendwie zu schaukeln und vor dem Sinken zu bewahren, die Krise als Chance zu sehen, wenngleich die Gefahr real ist. Damit dies gelingen kann, bedarf es guter Führung.
In der Wissenschaft wird Führungserfolg als das richtige Führungsverhalten einer Führungspersönlichkeit in einer bestimmten Führungssituation beschrieben. Führung trägt somit durch eine gezielte Einflussnahme auf die Geführten wesentlich zum Unternehmenserfolg bei. Auch wenn jedes Unternehmen seinen Erfolg unterschiedlich definiert, ist unstrittig, dass es am Ende des Tages die Leistung der Mitarbeiter ist, an der sich der Unternehmenserfolg ableiten lässt. Doch wie sollte sich eine Führungskraft nun in der Krise verhalten?
Eine Krise ist gekennzeichnet durch Chaos und Unsicherheit und trifft den Menschen dort, wo es ihn am meisten schmerzt, in seinem Grundbedürfnis nach Stabilität und Sicherheit. Diese Bedürfnisse sind biologisch begründet, da mit zunehmenden Alter die Konzentration des Stresshormons Cortisol im Gehirn zunimmt. Das Dominanzhormon Testosteron und der Stimulanz-Neurotransmitter Dopamin nehmen im Gegenzug stark ab. Dadurch lassen Neugier und Risikobereitschaft deutlich nach. Dem Menschen in einer Krise Stabilität und Sicherheit zurück zu geben, beschreibt gute Führung. Doch wie gelingt das?
Stabilität durch Entscheidungen . Für diese zu sorgen, Verantwortung zu übernehmen und starke Entscheidungen zu treffen, ist Aufgabe aller mit Führung beauftragten Personen. Besonders erfolgreich sind jene Führungskräfte, die proaktiv führen, also mit einer ausgeprägten Dringlichkeit für Entscheidungen sorgen, wenn andere, aus Angst die falsche Entscheidung zu treffen, noch auf weitere Informationen warten.
Stabilität durch Strukturen . Gerade in Zeiten voller Ungewissheit schaffen feste Strukturen Stabilität. Als die WHO das Coronavirus als Pandemie einstufte, überraschte Adam Silver, der Comissioner der NBA, mit dem Aussetzen der aktuellen Saison, lange bevor andere Führungskräfte vergleichbare Entscheidungen trafen. Auch wenn eine solche Entscheidung unpopulär wirkt, gibt sie allen Beteiligten eine feste Struktur. Ebenso überzeugte Jacinda Ardern, die Premierministerin von Neuseeland, in dem sie frühzeitig einen Stufenplan und Richtlinien vorstellte und damit das weitere Vorgehen strukturierte, während andere Regierungschefs die Pandemie herunterspielten. Die Bürger Neuseelands wussten frühzeitig, was passieren könnte, wenn sich die Infektionszahlen veränderten.Sicherheit wird geschaffen, in dem Führungskräfte die Ängste ihrer Mitarbeiter wahr und vor allem ernst nehmen. Ein häufiger Fehler in Krisen ist an dem vorherigen Kurs festzuhalten und sich nur auf den Aktienkurs oder auf Gewinn und Verlust zu fokussieren. Diese Zahlen sind zweifelsfrei nicht irrelevant, doch sind sie Resultat der Leistungen der Mitarbeiter. Daher sollte der Mitarbeiter im Fokus stehen.
Sicherheit durch Kommunikation . Wie geht es dem Unternehmen? Ist der eigene Arbeitsplatz sicher oder sind Mitarbeiter von Kurzarbeit betroffen? Welche Maßnahmen werden diskutiert? Wann werden Maßnahmen ergriffen? Und wann wird die Lage neu bewertet? All diese Unsicherheiten können durch eine transparente Kommunikation abgebaut werden. Sie sollte offen, ehrlich, in regelmäßigen Abständen und vor allem frühzeitig stattfinden. Flurfunk und Schöngerede hingegen verstärken die Unsicherheit.
Hierdurch ist ebenso die steigende Popularität der deutschen Bundesregierung begründet, da sie der Bevölkerung in regelmäßigen Abständen transparent und sachlich erläutert, anhand welcher Kriterien welche Maßnahmen abgeleitet werden müssen. Dieses Verhalten stärkt das Vertrauen und schafft Sicherheit.
Sicherheit durch Präsenz . Ängste können ebenfalls durch Präsenz genommen werden. Besonders erfolgreich sind jene Führungskräfte, die ansprechbar sind und den Sorgen und Nöten Ihrer Mitarbeiter eine Plattform geben. Eine direkte Kommunikation von ganz oben nach ganz unten unterstreicht die Ernsthaftigkeit und fördert ebenfalls das Vertrauen in die Führung.
Einige Führungskräfte gehen sogar noch einen Schritt weiter, in dem sie das Kurzarbeitergeld großzügig aufstocken oder sogar auf einen Teil ihres Gehalts verzichten, um eben jene mit geringeren Einkommen zu unterstützen, wohlwissend, dass starke Schultern mehr Last tragen können. Das ist wohl die höchste Form von Sicherheit, da existentielle Bedrohungen abgewendet werden. Ein Verhalten, dass nicht selbstverständlich aber aller Ehren wert ist. Oder um es mit den Worten von Helmut Schmidt zu sagen: „In der Krise beweist sich der Charakter."
Quellen:
Harvard Business Review (04/2020)
Frankfurter Allgemeine (04/2020)
Simon Sinek (2014): Leaders Eat Last. Portfolio.
Friedemann Nerdinger (2014): Arbeits- und Organisationspsychologie. Springer.